Brettspiel-Begegnung der unerwarteten Art… (Teil 1)

Ich bin mir ziemlich sicher, dass die meisten von euch, die dies gerade lesen, ihre eigene Spielesammlung ordentlich sortiert in einem schwarzen oder weißen Kallax aufbewahren. Und ihr kauft eure Games online, beim Händler eures Vertrauens, in einem großen Kaufhaus, in eurem Game-Shop um die Ecke oder auf Conventions und Messen wie der Spiel Essen. Ihr spielt sie an eurem eigenen Spieltisch – oder einem großen Tisch in eurer Wohnung der dafür freigeräumt wird – und in eurem Spiele-Club und anderen geeigneten Orten. Aber habt ihr euch schon mal ein Spiel im Supermarkt gekauft und dann einfach aufgegessen, noch bevor ihr es überhaupt auf den Tisch gebracht habt?

Zugegeben, das letztere klingt nach einem eher extremen Szenario, aber ganz undenkbar ist es nicht. Es gibt sie tatsächlich: essbare Spiele! Zwischen Popcorn und Schokoriegeln gibt es tatsächlich auch Rummikub, Trivial Pursuit und Twister zum Anbeißen, wie dieser Fund in der Süßwarenabteilung einer großen deutschen Supermarktkette beweist. Die beste Zeit derartigen Spezialitäten zu begegnen ist vor Weihnachten, aber sie tauchen durchaus das ganze Jahr über in den Regalen auf.

Ihr findet hier viele alte Klassiker: Eine zuckerige Version von Twister, Uno aus Schokolade, Mensch ärgere dich nicht und das “originale” Monopoly. Letzteres mag entworfen sein um den berüchtigten Satz  “Ich hassee Monopoly!” praktisch unaussprechlich zu machen, zumindest für echte Schokoladenliebhaber. Die meisten haben Komponentenaus Schokis, täuschend echt als Spielmaterialien verpackt, und  aus bedrucktem Esspapier.

Sie sind alle spielbar, und wenn man über die nötige Portion an Selbstbeherrschung verfügt sogar mehrfach,  aber sicherheitshalber sollte man jede AP dabei strikt vermeiden, oder der Spielstein, den man gerade setzten will, schmilzt einem in der Hand. Diese Spiele eignen sich nicht für Temperaturen von  of 30° C und mehr, und sie haben ein Verfallsdatum.

Die Idee, zu Sylvester einen spielerischen Jahresrückblick der positven Momente mit Schokoladentäfelchen zu versüßen, hat durchaus seinen Reiz. Man fühlt sich an „Trivial Pursuit“ erinnert. Fast schade, dass die Box mit ihrer Drehscheibe und den Trivia-Fragen anschließend ausgedient hat. Vielleicht kann man sie ja nachfüllen für weitere Runden.

In einigen wenigen Fällen ist das Spiel kein hochkalorisches Remake eines bestehenden Brettspiels, sondern hat sich selbst und das, was die Spieler mit seinem Inhalt anstellen, zum „Thema”.

Dieses Exemplar serviert Gummidrops in verschiedenen Farben und Geschmäckern – leckere und weniger appetitliche – mit einem speziellen Würfel. Diesen wirft man und muss sich dann entsprechend dem Ergebnis der passenden “Herausforderung“ stellen, nämlich tapfer den zuvor erwürfelten Gummidrops verputzen. Das ist schon das gesamte „Spiel“, und eine gut gemeinte Warnung, rechtzeitig aufzuhören, bevor einem übel davon wird, wird gleich mitgeliefert.

Wann, verflixt noch eins, “spielt” man den sowas? Und mit wem? Ist es inspiriert von Bertie Bott‘s Every Flavour Beans aus Harry Potter? In diesem Fall würde ich mir eine schönere Schachtel dafür wünschen. Ich habe es nicht gekauft, daher kann ich auch nicht mit Bestimmtheit sagen, ob die Geschmacksrichtung „Ohrenschmalz“ nun drin war oder nicht.

Ich könnte mir vorstellen zu Halloween damit die Kinder zu quälen, die mir mit dem Ruf “Süßes oder Saures!” hoffnungsvoll ihre Sammelbeutel und -eimerchen entgegenrecken! Scherz beiseite, ich kann mir schon vorstellen, daraus einen kleinen Halloweenspaß zu machen, quasi als zusätzliche “Würze” für all die gruseligen Spezialeffekte, für welche unser Zuhause bekannt ist, wenn es als beliebtestes „Halloween-Haus“ für die Kinder aus der Nachbarschaft fungiert. Das macht tatsächlich Sinn. Das einzige Problem dabei: Dieses Juwel von einem Spiel tauchte erst im Januar-Ausverkauf in auf dem Wühltisch auf, andererseits mag es durchaus schon vor November im Laden gewesen sein, wer weiß? Ich denke, ich werde im Oktober doch mal die Augen danach aufhalten.

Würde ich mich um Zuckerstangen twisten und ein Schokopoly oder dergleichen kaufen? Ganz bestimmt nicht. Eine solche Kuriosität mag als ulkiges, originelles Geschenk eines Spielers an einen Nicht-Spieler durchgehen, aber wohl nur, wenn man zu  schrägen Scherzen aufgelegt ist.  Aber für jemanden, der eigentlich nicht an Brettspielen interessiert ist, trägt das aufgesetzte Spiele-Thema nicht signifikant zum Genuss des Inhalts bei. Das gelingt vielleicht nur bei einem ausgesprochenen Brettspiel-Hasser, der mit hämischer Verachtung  den gesamten Schachtelinhalt zerkaut (ohne dass dabei ein echtes, lebendiges Brettspiel zu Schaden kommen muss…).

Aber was für ein grausames Geschenk für einen echten Brettspiel-Freund, oder schlimmer noch, für einen ernsthaften Spiele-Sammler!

Der einzige Lichtblick:  So etwas ist ideal für all jene von uns, die bei einem neu erworbenen Spiel mit schier unlösbaren Platzproblemen zu kämpfen haben…

Mein Vorschlag zur Güte: Wenn ihr eure Lust auf etwas Süßes mit einem Hauch Brettspiel -Aroma befriedigen wollt, backt euch eine passende Themen-Torte! Solche Torten sind der Menschheit durchaus bekannt, aber so hübsch sie auch immer anzusehen sind, sie geben nicht vor, spielbare, dauerhafte  Spiele zu sein, sondern sind offensichtlich und in erster Linie einfach Torte und mit einer guten Tasse Kaffee zu genießen bevor ihr euch mit euren Freunden für eine echte Brettspielrunde zusammen setzt!

Good play – better day!