Brettspiel-Begegnung der unerwarteten Art… (Teil 2)

Brettspiele sind zurzeit ganz offenbar „ein Ding“. Sie sind anscheinend eine solch große Nummer, dass sie den Werbemotor großer internationaler Marken in Schwung halten. Manchmal wortwörtlich.

Mein Auto brauchte neue Sommerreifen. Während ich die Wartezeit mit einem Kaffee in der ferrariroten Sitzgruppe zubrachte, fiel mein Blick auf die „Kinderecke“. Ich hatte Spielzeugautos erwartet, und Bauklötzchen, Bilderbücher und derlei. Natürlich gab es welche, und auch das fast schon obligatorische Geschicklichkeitsspiel, bei dem der zu bespaßende Knirps irgendwelche (knibbelsicher befestigte) bunten Ringe oder Pömpel über irgendeinen auf der Schablone vorgesägten oder verdrahteten Wege in ein bestimmtes Ziel bewegen muss. Diese Dinger reizen mich unheimlich, sie selber auszuprobieren, aber meist ist mir das zu peinlich, und ich sitze auch nicht wirklich bequem auf den Zwergenstühlchen.

Was dem Geschicklichkeitsspiel dieses Mal klar den Rang ablief, waren aber gleich drei Boxen mit  zu Werbezwecken produzierten Spielen. Da gab es ein „Familienspiel für bis zu 7 Mitspielern“ mit dem Titel „I love my Doblo“ frei nach „Mensch ärgere dich nicht!“ trifft „Spiel des Lebens“, und mit Ereignisfeldern wie „Mama ist krank. 5 Felder zurück.“, „Erstes  Fußballtraining. Transport der halben Mannschaft. 7 Felder vor.“ und „Pubertät. 3 Felder zurück. Diskutieren.“ (KEIN Scherz.)

Es siegt, wer es zuerst schafft, in den Fiat Doblo im Zentrum des Spielplans einzusteigen. Ob man einander dabei wie in „Mensch ärgere dich nicht!“ schlagen und auf Start zurücksetzen kann, war nirgends ersichtlich. Das muss man wohl „autohausrulen“ Es fehlten leider auch Spielfiguren und Würfel. (Hier zeigt sich, warum das Geschicklichkeitsspiel voraus-schauend  eine Selbstverteidigung eingebaut hat.)

Die Werbung steckt nicht nur in der Thematik an sich, sondern auch im Detail. Hinweise auf ein eingebautes Navigationssystem oder ein Ereignisfeld wie „Sommerurlaub. Surfbrett muss mit. Platz ist genug. Also 1 Feld vor.“ sind eingebaut, um die Vorzüge des beworbenen Fahrzeugmodells herauszustellen. Allerdings sind nur 5 (oder bei strenger Betrachtung 6) der insgesamt 19 Ereignisfelder überhaupt auf das Fahrzeug und seinen Gebrauch bezogen, und darunter findet man nicht nur plakativ Positives, sondern auch einen viel zu großen Kofferrum, für den man aussetzen muss, weil das Beladen so lange dauert. (Natürlich ist  auch das durchschaubar, aber ich würde doch sagen „ganz schön clever“ – wenn das jetzt nicht auch irgendwie Werbung wäre.) Die anderen Ereignisse liegen in der ganzen Bandbreite des Lebens: Laufenlernen und Windpocken, gute Schulnoten, der erste Kuss und Liebeskummer. Man hat aber den Eindruck, dass – sobald man endgültig im Erwachsenenleben angekommen ist – eine tolle „Familienkutsche“ schon im Zentrum des Interesses stehen sollte,  jedenfalls wenn es nach dem Herausgeber des Spieles geht. Hier bekommt das Spiele-Prädikat „familienfreundlich“ eine ganz neue Dimension.

Anscheinend vollständig war das „Qubino“-Spiel „Für Kreuz- und Querdenker“. Nach den grundsätzlichen Regeln von „Domino“ trainiert hier der zukünftige Kunde seine ihm heftigst suggerierten Kaufgründe, indem er eifrig die Werbefotos, das Logo und all die die schlagenden Verkaufsargumente aus dem Modellkatalog zusammenpuzzelt.

Das Querdenken kann man vielleicht noch auf den Mechanismus von Domino beziehen, aber „Qubino“ erzieht die kleinen Spieler mit Sicherheit nicht zu Individualität und zu kritischem Denken, und zwar jeweils umso weniger, als das Spielen Spaß macht.

Auch fast vollständig waren die beiden Memory-Exemplare. Ich konnte mir das Sortieren der Kärtchen nicht verkneifen. Eines der Spiele war mit Sicherheit komplett, das andere hatte zwei Karten zu wenig, was aber die Spielbarkeit währen einer Wartezeit nicht weiter beeinträchtigt. Man kann ja einfach die beiden Karten, denen das Doppel fehlt, zur Seite legen.

Ich will aus meinem Herzen keine Mördergrube machen: Das Design war einfach cool! So cool, ich habe sogar nachgefragt, ob es dieses Memory zu kaufen gibt. (Die Antwort war nein. Schade eigentlich. Wieso?) Die schwarz-weiß-roten, leicht abstrahierten Bilder waren

thematisch alle im weiteren Sinne auf Automobile, Rennen und alles, was dazugehört, bezogen (über gebrochene Herzen und Lippenstiftabdrücke denke ich jetzt einmal nicht weiter nach), nur zwei Motive zeigten als Fotographien das Logo des Autohauses und ein Fahrzeugmodell. Das hatte schon was…

Good play – better day!